Porträts des Ludwigs II, ungarischer König (zweiter Teil)

Porträts des Ludwigs II, ungarischer König (zweiter Teil)

 

Familienporträt

In diesem Beitrag geht es um die Ausweitung der Habsburger Herrschaft und um das Netzwerk ihrer Macht. Im Jahr 1515 ist ein Erbschafts- und Heiratsvertrag zwischen der Habsburger- und der Jagiellonen-Dynastie abgeschlossen worden. Zu dieser Zeit bekam der Maler Bernhard Strigel den Auftrag für ein Familienporträt mit dem Titel Maximilian I. und seine Familie, welches circa 1516 fertiggestellt war. Das Bild stellt Maximilian I. und seine ehemalige Frau Maria von Burgund dar, mit dem Gestalt von ihrem Sohn Philipp der Schöne (damals schon gestorben) und dessen beiden Söhnen, Ferdinand und Karl zwischen ihnen. Wer ist aber auf der rechten unteren Ecke des Werkes gezeigt? Wahrscheinlich wissen Sie es, und wenn nicht, vermuten Sie es vielleicht richtig. Er ist Ludwig II., der ehemalige Prinz, den Maximilian I. als seinen „Sohn“ angenommen hat und ihn auch dementsprechend behandelte, zumindest in Texten und auf Bildern. Der Habsburger-Jagiellonen Vertrag hat auf das ganze Leben von Ludwig II. eingewirkt.

 

Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie Inv.-Nr. 832. Zwei Nachbildungen dieses Bildes sind bekannt, die jedoch betreffend der künstlerischen Ausdrucksfähigkeit nicht and das Original herankommen. (Die Nachbildungen werden in der vollständigen Version dieses Beitrags behandelt.)

Hände und Gesichter

 

Wir erschließen das Bild als ein Bildsystem. Mein Ziel in diesem Fall ist keine Beschreibung, sondern das Aufzeigen der Elemente des Bildsystems und deren Zusammenspiel. Dies betrifft unter anderem auch die Ausgestaltung der Gesichter und deren Blicke, die so vielsagend in den Abbildungen der einzelnen Charaktere sind. Laut Hans Belting sei das Porträt ein Bild des Bildes, weil es die Abbildung eines Gesichtes sei, das das Bild unseres Selbst sei (Belting, 2013). Dem Maler waren alle dargestellten Personen (abgesehen von zwei) persönlich bekannt, deshalb dürfen wir mit Recht vermuten, dass die Ähnlichkeit der Porträtierten auf dem Aussehen der lebendigen Personen beruht. Die Hände sind miteinander verbunden (die Zusammengehörigkeit zeigend), weil die Hände nicht nur behalten, sondern auch Verbindung erzeugen können. Kleine Hände und große Hände. Die Hände des Vaters und des Großvaters. Die Hand von Karl liegt auf den angenommenen Bruder, Ludwig. Die Gesichter und Hände vernetzen die ganze Ordnung des Bildes, mit dem Prinzen Ludwig in der rechten unteren Ecke.

 

Das Porträt des ungarischen Prinzen

 

Das Porträt zeigt sich in den Zügen des Porträtierten. Es zeigt sich in den äußerlichen Zügen und in den inneren Eigenschaften: auf dem Leib, der Körperhaltung, dem Gesicht, der Hand, im Blick. Auf diesem Bild kann Ludwig II. neun oder zehn Jahre alt sein. Offener, ruhiger Blick, Engelgesicht, rotes Haar, blaue Augen, mit dem Vertrag oder Pergament in der Hand. Seine Gewänder sind von Jagiellonen Einfachheit. Der Kranz auf seinem Kopf kann darauf deuten, dass er in Székesfehérvár gekrönt wurde, als er zwei Jahre alt war. Er wurde für die Stelle des Königs ausgezeichnet. Seine Juwelen (die Kette, der Talisman) deuten auf seine Herkunft. Alle diesen Zügen verwahren das Bild in einem einzigen Augenblick von mehrhunderttausend Jahren. Wir müssen die Fragen beantworten, die durch die analysierende Forschung hindurch aufgetaucht haben. Um diese Fragen beantworten zu können brauchen wir unseren Vorstellungkraft jetzt und werden sie künftig auch dazu brauchen. ⁃

Literature: Belting, Hans (2013.) Faces: Eine Geschichte des Gesichts. Verlag C. H. Beck, München.

Author: Véry Zoltan, hermeneuta, c. egyetemi docens